Arbeits- und Organisationspsychologie

Arbeitspsychologie beschäftigt sich mit der Analyse und Bewertung von Arbeitstätigkeiten, sowie dem Erarbeiten von Gestaltungsvorschlägen, Organisationspsychologie mit der Wechselwirkung von Individuen und Organisationen. Natürlich werden auch die Beziehungen der arbeitenden Menschen untereinander dabei beachtet.

Studien, Beobachtungen und Feldversuche zeigen seit spätestens den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts, dass menschengerechte Arbeitsgestaltung letztendlich zu positiveren Resultaten hinsichtlich der Produktivität für die betreffenden Unternehmen führt.

Arbeitspsychologische Kriterien zur Bewertung von Arbeitstätigkeit

Als Faustregel gilt: Um eine Stufe erreichen zu können, sollten die Mindestforderungen der jeweils unteren Stufen erfüllt sein.

Beteiligung der Beschäftigten bei der Arbeitsgestaltung ist bereits ein Prozess persönlichkeitsförderlicher Arbeitsgestaltung.

Ganzheitlichkeit

Besonders hervorzuheben dafür sind aber sogenannte vollständige Tätigkeiten, die dem Merkmal der Ganzheitlichkeit entsprechen und planende, steuernde, ausführende und kontrollierende Elemente enthalten. 

  • Planung:
    eigenständige Setzen von Zielen, Entwicklung geeigneter Vorgehensweisen, Auswählen zweckmässiger Vorgehensvarianten
  • Organisation:
    selbstständige Handlungsvorbereitung, Abstimmung mit neben-, vor- und nachgelagerter Tätigkeiten, 
  • Ausführung:
    Ausführung mit entsprechendem Handlungs- und Gestaltungsspielraum, sowie Rückmeldung aus dem Ablauf, um gegebenenfalls korrigieren zu können
  • Kontrolle:
    ausreichende Rückmeldungen über die Resultate bzw die Erreichung der Ziele

Vollständige Tätigkeiten wirken leistungsmotivierend, vermeiden Dequalifizierung und sorgen für Wohlbefinden und Gesundheit.

Tätigkeitsspielraum

Die Möglichkeit, wieviel Einfluss jemand auf seine Handeln hat, kann ebenfalls zu den persönlichkeitsförderlichen Gestaltungsmerkmalen der Arbeit zählen. Dieser Tätigkeitsspielraum setzt sich nach Ulich aus folgenden Dimensionen zusammen:

  • Handlungsspielraum:
    Ausmaß der möglichen Flexibilität bzgl Verfahrenswahl, Mitteleinsatz und zeitlicher Organisation
  • Gestaltungsspielraum:
    Ausmaß der möglichen Variabilität hinsichtlich der selbständigen Gestaltung der Vorgehensweise
  • Entscheidungsspielraum:
    Ausmaß der Autonomie, der Entscheidungskompetenz bei der Festlegung bzw Abgrenzung von Aufgaben

Humankriterien

Intrinsische Motivation, also von innen kommende Motivation, die durch die Aufgabe selbst entsteht, lösen folgende Merkmale der Arbeitsgestaltung aus, oft auch als Humankriterien bezeichnet:

Gestaltungsmerkmal

Inhalt

Wirkung

Ganzheitlichkeit

Aufgaben mit planenden, ausführenden und kontrollierenden Elementen
  • Bedeutung und Stellenwert der Tätigkeit wird erkannt
  • Rückmeldungen über Arbeitsfortschritt kommen aus Tätigkeit selbst

Anforderungsvielfalt

Aufgaben mit unterschiedlichen Anforderungen an Körper und Psyche
  • Einsatz unterschiedlicher Fähigkieten und Kenntnisse
  • Vermeidung einseitiger Belastungen

Möglichkeit zur sozialen Interaktion

Kooperation ist möglich oder sogar erforderlich
  • gemeinsames Bewältigen von Schwierigkeiten
  • Gegenseitige Unterstützung hilft, Belastungen besser zu ertragen

Autonomie

Es gibt Handlungs- und Entscheidungsspielräume, ein gewisses Maß von Kontrolle über die Arbeitsschritte ermöglicht die Selbstregulierung des Arbeitsprozesses
  • Stärkt Selbstwertgefühl und die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung
  • Vermittelt Erfahrung von Einfluss und Bedeutung

Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten

Herausfordernde Aufgaben, zu deren Bewältigung vorhandene Qualifikationen genutzt und erweitert bzw neue Qaulifikationen erworben werden
  • Erhalt allgemeiner geistigen Flexibilität
  • Erhalt und Weiterentwicklung beruflicher Qualifikation

Zeitelastitizität und stressfreie Regulierbarkeit

Schaffen von Zeitpuffern bei der Festlegung von Vorgabezeiten
  • Keine unangemessene Arbeitsverdichtung
  • Freiräume für stressfreies Nachdenken und selbstgewählte Interaktion

Sinnhaftigkeit

Produkte mit gesellschaftlichem Nutzen, ökologisch unbedenkliche Produkte und Produktionsprozesse
  • Gefühl der Beteiligung an der Erstellung gesellschaftlich nützlicher Produkte
  • Sicherheit der Übereinstimmung individueller und gesellschaftlicher Interessen
nach Ulich, 1991

In der Iso-Norm DIN EN ISO 9241-2 (S.3) sind sehr ähnliche Merkmale in etwas anderer Benennung angeführt.
Diese Norm beschreibt die Anforderungen an menschengerecht gestaltete Arbeitsbedingungen, mit dem Ziel, übermäßige psychische Belastungen im Arbeitsalltag zu vermeiden. Nach deutschem Arbeitsschutzgesetz sind sie als gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse anzuwenden.

  • Benutzerorientierung:
    Die Gestaltung von Arbeitsaufgaben sollte „die Erfahrung und Fähigkeiten der Benutzergruppe berücksichtigen.“
  • Vielseitigkeit:
    Die Gestaltung von Arbeitsaufgaben sollte „vorsehen, dass eine angemessene Vielfalt von Fertigkeiten und Aktivitäten angewandt wird“.
  • Ganzheitlichkeit:
    Die Gestaltung von Arbeitsaufgaben sollte „sicherstellen, dass die zu erledigenden Arbeitsaufgaben als ganzheitliche Arbeitseinheiten statt als Bruchstücke davon erkennbar sind“.
  • Eindeutigkeit:
    Die Gestaltung von Arbeitsaufgaben sollte „sicherstellen, dass die zu erledigenden Aufgaben einen bedeutsamen, dem Benutzer verständlichen Beitrag zur Gesamtfunktion des Systems leisten.“
  • Handlungsspielraum:
    Die Gestaltung von Arbeitsaufgaben sollte „einen angemessenen Handlungsspielraum hinsichtlich Reihenfolge, Arbeitstempo und Vorgehensweise für den Benutzer vorsehen.“
  • Rückmeldung:
    Die Gestaltung von Arbeitsaufgaben sollte „ausreichend Rückmeldung über die Aufgabenerfüllung in für den Benutzer bedeutsamer Weise vorsehen.“
  • Entwicklungsmöglichkeit:
    Die Gestaltung von Arbeitsaufgaben sollte „Gelegenheit zur Weiterentwicklung bestehender und die Aneignung neuer Fertigkeiten im Rahmen der Aufgabenstellung vorsehen.“